Von der manuellen Tourenplanung bis zur kontinuierlichen Optimierung: die verschiedenen Ebenen der Tourenoptimierung

Für zahlreiche Unternehmen, die sich der Beförderung von Waren oder Personen sowie der Durchführung von Lieferungen, Hausbesuchen oder auch technischen Interventionen verschrieben haben, stellt die Tourenoptimierung eine große strategische Herausforderung dar. Ziel ist es, die kostengünstigste Lösung zu finden, um alle Punkte unter Einhaltung teils hochspezifischer Faktoren und Einschränkungen effizient anfahren zu können. Zu den häufigsten Einschränkungen zählen Zeitfenster, Fahrzeugkapazitäten oder auch die individuellen Kompetenzen der Einsatzkräfte. Darüber hinaus gibt es allerdings noch Tausende weiterer Einschränkungen, die mitunter nur in einzelnen Branchen, Tätigkeitsfeldern oder Unternehmen auftreten.

In der Praxis wird die Tourenoptimierung meist von einem Disponent (auch Planer, Dispatcher oder Zuteiler) gesteuert, entweder auf manuelle Weise oder mithilfe einer geeigneten Software. Um den Disponenten dabei zu helfen, aus einer nahezu unendlichen Anzahl von Möglichkeiten und unter Berücksichtigung hunderter Variablen und Einschränkungen die besten Touren zu erstellen, verwenden die Lösungen zur Tourenoptimierung heute leistungsstarke Algorithmen. Diese sind in der Lage, in wenigen Minuten nahezu perfekt auszuarbeiten, was der Mensch je nach Komplexität des Problems und dem gewünschten Optimierungsgrad selbst in stunden-, tage- oder wochenlanger Arbeit nur mit Mühe leisten kann.

Doch hier ist Vorsicht geboten: Nicht alle Lösungen sind gleich gut. Je nach Datenqualität, den bereits bestehenden organisatorischen Abläufen oder der jeweiligen Geschäftsdynamik, ist ein statischer Ansatz möglicherweise unzureichend. In diesem Artikel werden die verschiedenen Möglichkeiten der Tourenoptimierung – von der manuellen Planung bis zur kontinuierlichen Optimierung – sowie ihre Vor- und Nachteile erläutert.

Die 3 Ebenen der „klassischen“ Tourenoptimierung

Innerhalb von Unternehmen, die eine Tourenoptimierung benötigen, wird eine zentrale Stelle eingerichtet, die den optimalen Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel (Pakete, Interventionen, Müllabfuhr, etc.) und ausführenden Personen (Fahrer, Techniker, Müllentsorger, etc.) steuert. In diesem Abschnitt gehen wir auf die verschiedenen Ebenen der Optimierung ein, die man in den betreffenden Einrichtungen vorfinden kann.

Manuelle Optimierung durch Experten

Branchenübergreifend ist die manuelle Tourenoptimierung durch einen Disponenten der am häufigsten verwendete Ansatz. Dabei weist ein Logistikexperte, der oft selbst bereits im Außendienst gearbeitet hat, den Fahrern Aufträge (Lieferungen, Einsätze, etc.) zu. Dies geschieht auf Grundlage seiner Berufserfahrung und unter Einsatz von Planungsschemata, die sich im Laufe der Zeit als effizient beweisen konnten. Häufig ist außerdem zu beobachten, dass sich die Unternehmen in ihren Abläufen anpassen, um die Arbeit der Disponenten zu erleichtern.

In Unternehmen, die die letzte Meile zustellen, findet man beispielsweise häufig eine bereits bestehende Zuteilung von Gebieten (meist durch Postleitzahlen definiert) zu den Ladebuchten (und damit zu den Fahrern). Dies vereinfacht die Sortierung der Pakete und gestaltet die Arbeit des Disponenten wesentlich einfacher. Dennoch ist ein derartiges Vorgehen eindeutig suboptimal, da die Zuteilung bestimmter Postleitzahlen an die Fahrer nicht unbedingt jeden Tag – und womöglich nie! – die effizienteste Lösung darstellen. Zumal nicht zwangsläufig gewährleistet werden kann, dass auf alle Einschränkungen, wie z. B. spezifische Lieferzeitfenster, eingegangen werden kann. In der Praxis wird die letztendliche Terminierung innerhalb der Touren oftmals bei laufender Tour von den Fahrern selbst vorgenommen.

Für Hausbesuche wird die Planung oft nur einmal pro Woche oder gar pro Monat ausgearbeitet. Die Koordinatoren müssen dabei eine Vielzahl von Einschränkungen berücksichtigen, von denen die meisten nur schwer formell zu definieren sind. Dazu gehören Klienten, denen vorzugsweise immer derselbe Ansprechpartner zugewiesen werden soll oder dass im Gegenteil vermieden werden muss, dass ein bestimmter Mitarbeiter einen Kunden besucht, zu dem die Beziehung schwierig ist. In der Praxis muss diese Planung, die eigentlich zu Beginn eines bestimmten Zeitraums erfolgen sollte, nahezu jeden Tag angepasst werden. Besondere Beachtung muss hier unter anderem der Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit der Mitarbeiter erwiesen werden, da die Branche einen hohen Absentismus und starke Fluktuation aufweist. So wird die Zeit der für die Planung zuständigen Personen oftmals eher für dringende Korrekturen als für die Planungsoptimierung genutzt – und das Ergebnis bleibt nur bedingt leistungsfähig.

Der suboptimalen Ausgangslage zum Trotz können menschliche Disponenten zielgerichtet mit unvorhergesehenen Faktoren umgehen und ihre Entscheidungen individuell an den Kontext anpassen. Sie sind in der Lage, auch subtile und hochspezifische Parameter zu berücksichtigen, wie z. B. „Bei welchen Kunden kann ich mir bei der derzeitigen Terminlage im Ernstfall einen Ausfall leisten?“ oder „Soll ich eine Haushaltshilfe zur Nachbearbeitung einer ungenügenden Reinigungsleistung schicken, um den Kunden zufriedenzustellen, auch wenn die Kraft danach für weitere Einsätze zu spät kommt?“.

Der Mensch kann Geschäftsprioritäten in Echtzeit steuern, auf unvorhergesehene Ereignisse mit subjektiven und kontextabhängigen Entscheidungen reagieren und Informationen berücksichtigen, die in keiner Datenbank gespeichert sind: Dies sind die größten Stärken der manuellen Optimierung.

Vorteile:

  • Große Fähigkeit, geschäftliche Prioritäten zu setzen
  • Je nach Kontext können subjektive Entscheidungen getroffen werden
  • Berücksichtigung von Informationen, die in keiner Datenbank zu finden sind
  • Möglichkeit zur rollierenden Planung, die besonders bei nach und nach eintreffenden Aufträgen erfolgversprechend ist

Nachteile:

  • Begrenzte Rechenleistung und damit verminderte Tourenperformance (Kosten und Servicequalität)

Die „statische“* Optimierung

Dieser Ansatz umfasst die Algorithmen und Software, die am häufigsten auf dem Markt zu finden sind. Die Lösungen stellen den Disponenten leistungsfähige Algorithmen zur Seite, durch die die optimierte Verteilung von Aufgaben an die Einsatzkräfte und deren Terminierung vor Tourenbeginn automatisiert werden können. Man spricht hier von „statischer“ Optimierung, da die Planung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgearbeitet werden muss. Dieser Zeitpunkt tritt ein, sobald der Disponent davon ausgeht, dass alle Daten, die der Algorithmus zur Berechnung der Touren benötigt, bekannt sind, dass diese Daten vollkommen richtig sind und dass sie später nicht mehr infrage gestellt werden müssen. Meistens können diese Algorithmen für die Optimierung mehrerer Ziele konfiguriert werden, wie z. B. die Kilometerzahl, den Einsatz von Arbeitskräften, den Verbrauch von Ressourcen, etc. Bei entsprechender Konfiguration können die Algorithmen außerdem eine Vielzahl von Einschränkungen miteinbeziehen, z. B. bestimmte Zeitfenster, Kapazitäten oder spezifische Kompetenzen, die für die Durchführung einer Aufgabe erforderlich sind.

Bei einem Paketzustellungsunternehmen werden beispielsweise zu einem bestimmten Zeitpunkt die Liste der durchzuführenden Lieferungen sowie die verfügbaren Fahrzeuge an die Software gesendet, um eine optimierte Planung zu erstellen. Diese reduziert z. B. die Anzahl der für die Durchführung aller Lieferungen zurückzulegenden Kilometer. Allerdings kann eine solche Planung im Laufe des Tages nicht mehr angepasst oder verändert werden. Es sind ausschließlich manuelle Änderungen möglich, die entsprechenden Entscheidungen werden meist im Austausch zwischen Disponent und Zustellern (oder vom Zusteller allein) in Echtzeit getroffen. Derartige Änderungen werden nicht an die Lösung weitergegeben und daher nicht in den Aktivitätsanalysen und Reportings berücksichtigt.

Vorteile:

  • Die Algorithmen berechnen die in der Theorie optimalen Touren (hinsichtlich der Kosten und unter Berücksichtigung der bekannten Einschränkungen)

Nachteile:

  • Keinerlei Planungsanpassung für Informationen und Ereignisse, die erst nach Beginn der Berechnungen eintreffen
  • Die Leistung des Tourenplans schwächt im Tagesverlauf ab
  • Kein Monitoring oder Reporting zur realen Performance
  • Rigider Planungsprozess, dessen Berechnung erst nach Bereitstehen aller Daten gestartet werden kann

*Achtung: Der Begriff „statisch“ wird von Gartner zur Definition von Tourenplänen verwendet, die einmal pro Woche oder einmal pro Monat berechnet werden. Gartner stellt „statische“ Tourenpläne den „dynamischen“ Tourenplänen gegenüber, bei denen die Touren jeden Tag neu berechnet werden.

Optimierung mit Monitoring und Anpassungen in Echtzeit

Einige neuere Anbieter bieten technologische Lösungen an, die die Tourenoptimierung mit Echtzeit-Monitoring kombinieren. Dadurch kann der Nutzer in Echtzeit überprüfen, wie sich die Touren vor Ort entwickeln, ihren Fortschritt verfolgen und auf alle von ihm erkannten Abweichungen reagieren.

Dank einer solchen Lösung ist es zudem möglich, einen Kunden (automatisch) im Voraus darüber zu informieren, dass seine Lieferung verspätet erfolgt.

Die „anpassbare“ Optimierung ähnelt der „statischen“ Optimierung, mit dem Unterschied, dass sie dem Benutzer unterstützende Funktionen zur Verfügung stellt, um die Planung an bestimmte Ereignisse vor und mitunter auch während einer laufenden Tour anzupassen. Im Folgenden finden sich die wichtigsten dieser Szenarien:

  • Hinzufügen einer neuen Aufgabe (Abholung, Interventionen): Das Tool schlägt dem Nutzer mehrere mögliche Touren vor, in die die neue Aufgabe eingefügt werden kann, und fügt die neue Aufgabe anschließend optimal in die vom Nutzer gewählte Tour ein.
  • Stornierung eines Einsatzes: Die ursprünglich auf einen Mitarbeiter gebuchten Aufgaben werden vom Benutzer manuell auf andere im Tool verfügbare Einsatzkräfte verteilt.
  • Verzögerungen während einer Tour: Der Disponent wird benachrichtigt, kann nicht erfüllbare Aufgaben stornieren und sie manuell an eine andere Tour am selben Tag übertragen.

Bei diesen Anwendungsfällen ist es wichtig zu betonen, dass die Software keine „eigenen“ Vorschläge anbietet. Es liegt am Benutzer, auf die anhand der ihm zurückgemeldeten Daten erkannten Probleme zu reagieren und die Touren manuell im Tool anzupassen. Das Tool berücksichtigt die Änderungen und teilt sie den Außendienstmitarbeitern mit. Es ermöglicht jedoch keine globale Analyse des Tourenplans und keine Bereitstellung von Verbesserungsmöglichkeiten, die sich aufgrund veränderter Rahmenbedingungen ergeben könnten.

Es ist also nicht möglich, bestimmte Aufgaben zwischen zwei Touren auszutauschen, um den Zeitplan eines Fahrers für eine zusätzliche Bestellung freizugeben. Entsprechend ist auch nicht möglich, Verspätungen automatisch zu antizipieren und diese durch eine Neuorganisation der Touren auszugleichen, um so die Einhaltung der Zeitfenster sicherzustellen.

Vorteile:

  • Die Algorithmen berechnen die in der Theorie optimalen Touren (hinsichtlich der Kosten und unter Berücksichtigung der bekannten Einschränkungen)
  • Performance-Monitoring in Echtzeit
  • Kunden können über Schwierigkeiten informiert werden
  • Durch unvorhergesehene Faktoren verursachte Probleme können manuell korrigiert werden

Nachteile:

  • Die Algorithmen nutzen die sich im Laufe der Zeit erschließenden Optimierungsmöglichkeiten nicht
  • Rigider Planungsprozess, dessen Berechnung erst nach Bereitstehen aller Daten gestartet werden kann

Die Zukunft der Tourenoptimierung: die „Always On“-Optimierung

Wie wir gerade gesehen haben, können Optimierungslösungen unter realen Bedingungen nur dann einen Mehrwert schaffen, wenn die natürliche Kontinuität des menschlichen Entscheidungsprozesses miteinbezogen wird. Die klassische Tourenoptimierung geht jedoch davon aus, dass alle Daten, die zur Beschreibung des Optimierungsproblems notwendig sind, zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung stehen und sich nicht (oder nur geringfügig) ändern.

In der Praxis besteht dieser Moment, in dem alle den Tourenverlauf beeinflussenden Faktoren und Ereignisse zur Verfügung stehen, jedoch nur in der Theorie – in der Realität tritt dieser Zustand nie wirklich ein. Um die letzten Hürden für die erfolgreiche Implementierung der Tourenoptimierung zu überwinden, muss sie kontinuierlich an der Seite und im Rhythmus der Menschen arbeiten, die die Logistik betreiben.

Indem die Optimierung während des gesamten Logistikprozesses (während der Tourenplanung und -durchführung) geschieht und mit Echtzeitdaten aus dem aktiven Tourenverlauf versorgt wird, kann sie die Planung im laufenden Betrieb korrigieren, neue Optimierungsmöglichkeiten nutzen und so jederzeit eine optimale Performance gewährleisten.

Dieser innovative Ansatz wird in unserem Artikel zur kontinuierlichen Tourenoptimierung ausführlicher erläutert.

 

Die kontinuierliche Tourenoptimierung vereint die Vorteile eines mathematischen Konzepts (Tourenperformance) mit der Fähigkeit von menschlichen Experten, die mit den Touren interagieren und ihr Fachwissen einbringen können. Dieser Ansatz ermöglicht die Korrektur fehlerhafter Daten im Live-Betrieb (ohne eine vollständige Neuberechnung), berücksichtigt Daten, die nur den operativen Mitarbeitern bekannt sind (und nicht in der Datenbank existieren), und die Neuoptimierung in Echtzeit unter Berücksichtigung unvorhergesehener Faktoren. Das Ergebnis: Effizientere und relevantere Touren, die optimal auf die realen Ereignisse vor Ort eingehen.

die verschiedenen Ebenen der Tourenoptimierung

Auswirkungen auf Ihre Touren: nach Art der gewählten Optimierung

Bei der manuellen Planung werden die Touren vor der Abfahrt der Fahrer von einem Experten geplant. Die Tourenperformance hinsichtlich der Kosten (Anzahl der eingesetzten Fahrzeuge, Anzahl der gefahrenen Kilometer) und der Servicequalität (Einhaltung der Kundenverpflichtungen, z. B. Zeitfenster) hängt stark von der Erfahrung und Kompetenz des menschlichen Experten ab. Fest steht aber: Sie bleibt unausweichlich hinter der Rechenleistung und den Ergebnissen eines effizienten Algorithmus zurück.

types of route optimization

Wenn die Fahrer erst einmal unterwegs sind, wirkt sich jeder unvorhergesehene Vorfall auf die Tourenperformance aus – und ohne Echtzeit-Informationen direkt aus dem Einsatzgebiet ist der Leistungsverlust nicht auszugleichen. Auch bei der „statischen“ Optimierung verursachen unvorhersehbare Faktoren große Einbußen, denn es besteht keine Möglichkeit, die aufeinanderfolgenden Leistungsverluste durch reaktionsschnelle Eingriffe zu kompensieren.

Bei einem Blick auf die Tourenoptimierung mit Monitoring und Anpassung stellen wir fest, dass sich unvorhergesehene Ereignisse auch hier auf die Tourenperformance auswirken – allerdings auf andere Weise: Faktoren, die nicht von der Lösung gesteuert werden können, haben die gleichen Auswirkungen wie bei einer statischen Optimierung. Andere können wiederum korrigiert und wieder andere durch manuelle Anpassungen des Benutzers anteilig ausgeglichen werden, da das entsprechende Tool einen Einblick in den aktiven Tourenverlauf bietet.

Bei der kontinuierlichen Tourenoptimierung suchen die Algorithmen bei Auftreten jedes neuen Faktoren nach einer besseren Lösung und identifizieren fortwährend neue Optimierungsmöglichkeiten, die sich aus den Gegebenheiten vor Ort ergeben. So können selbst komplexe Touren durch intelligente und in Echtzeit durch den Algorithmus bereitgestellte Entscheidungen wieder an Leistung gewinnen.

Lösung zur kontinuierlichen Tourenoptimierung

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