Die Optimierung ist für alle Unternehmen, deren geschäftliche Tätigkeit die Durchführung von Touren beinhaltet, ein herausragender Hebel zur Leistungssteigerung.
In der Praxis ist jedoch zu beobachten, dass nur wenige Markteilnehmer eine solche Optimierungslösung auch tatsächlich einsetzen. Die (berechtigte!) Befürchtung ist nur allzu oft, zu viel für eine Lösung zu bezahlen, die letztlich nicht die erwarteten Gewinne erbringt.
Unter den bereits ausgerüsteten Unternehmen zeigt sich oft, dass die Lösung gar nicht oder nur teilweise genutzt und durch eine große Anzahl manueller Korrekturen und Neuplanungen ergänzt wird. Der am häufigsten genannte Grund ist die zu große Spezifität der jeweils ausgeübten Aktivität: Die implementierte Lösung ist nicht in der Lage, die spezifischen Einschränkungen zu berücksichtigen.
In unserem vorherigen Artikel „Die Stolpersteine der Tourenoptimierung“ haben wir bereits die vier größten Hürden bei der Einführung einer Tourenoptimierungslösung aufgeführt:
- Unzureichende Datenqualität
- Die Daten sind nicht in der Datenbank verzeichnet
- Hochgradig spezifische Einschränkungen
- Ein besonders dynamisches Geschäftsumfeld
Wir bei Kardinal sind davon überzeugt, dass wir diese Hürden (zumindest größtenteils) mit unserem Produkt überwinden können. Wie aber gestaltet man eine wirklich performante Lösung für die Tourenoptimierung? Welche Art der Benutzererfahrung macht die Lösung trotz der Unwägbarkeiten des Alltags nutzbar und praktikabel? Mit diesen Fragen setzt sich unser Produktteam in seiner täglichen Arbeit auseinander. In diesem Artikel versuchen wir, die Antworten auf übersichtliche Weise zusammenzuführen.
Datenkorrektur im laufenden Betrieb
Klassische Lösungen zur Tourenoptimierung funktionieren folgendermaßen:
- Import / Abruf von Daten
- Tourenberechnung durch Algorithmen
- Rechenstopp
- Bereitstellung der Touren
- Manuelle Anpassungen (wenn nötig)
- Versand der Touren an die Fahrer
Wenn bei dieser Abfolge falsche Angaben eingespeist wurden (z. B. falsche Geocodierung) oder bestimmte Daten vor dem Start der Optimierung nicht bekannt waren (z. B. ein verspäteter Fahrer), fällt dies durch ersichtliche Inkonsistenzen bei der Bereitstellung der Touren auf. Allerdings ist es an diesem Punkt bereits zu spät: Will man die vorhandenen Daten korrigieren, muss man wieder bei Schritt 1 beginnen.
Genau diese nervenaufreibenden Bearbeitungsschleifen führen dazu, dass Planer das Tool abschalten und die Planung manuell durchführen.
Bei Kardinal haben wir die radikale Entscheidung getroffen, eine Lösung für die kontinuierliche Tourenoptimierung zu entwickeln, die im wahrsten Sinne des Wortes nie aufhört zu optimieren. So kann ein Datenfehler jederzeit in unserer Schnittstelle oder im TMS des Kunden korrigiert werden, ohne dass die Tourenoptimierung erneut von null gestartet werden muss.
Berücksichtigung von unvorhergesehenen Ereignissen in Echtzeit
Die Lösung von Kardinal arbeitet kontinuierlich: Sie begleitet die operativen Mitarbeiter auch dann noch, wenn die Fahrer sich bereits im aktiven Einsatz befinden, und optimiert die Touren weiterhin in Echtzeit und entsprechend den vor Ort auftretenden Unwägbarkeiten. Dies ermöglicht es unseren Kunden, Anwendungsfälle in Betracht zu ziehen, die mit einem statischen Ansatz nicht denkbar wären:
- Identifizierung von Austauschmöglichkeiten (Pick-up, technische Eingriffe etc.) zwischen den Fahrern, je nach Fortschritt der verschiedenen Touren im Tagesverlauf
- Erkennung von nicht einhaltbaren Zeitfenstern (z. B. wegen eines abwesenden Kunden, bei dem ein erneuter Zustellversuch vorgenommen werden musste) und Korrekturvorschläge während der Tour. Durch die pünktliche Belieferung aller Kunden wird eine höchstmögliche Servicequalität gewährleistet
- Änderung der Lieferreihenfolge auf Grundlage des Echtzeitverkehrs und von Staus
Bei Kardinal ist dieses Prinzip der kontinuierlichen Optimierung von grundlegender Bedeutung: Es ist unserer Meinung nach die beste Lösung, um angesichts der neuen Herausforderungen der Stadtlogistik umfassend auf die individuellen Bedürfnisse der Transportunternehmen einzugehen.
Lösung zur kontinuierlichen Tourenoptimierung
Kontinuierliche Verbesserung der Daten
Während wir die Fahrer im laufenden Einsatz begleiten, sammelt unsere Lösung „Felddaten“. Diese Daten werden dazu verwendet:
- um theoretische und tatsächliche Touren zu vergleichen und zu verstehen, woher die Abweichungen kommen.
- um die Relevanz zukünftiger Tourenoptimierungen zu verbessern. Die Lösung von Kardinal integriert Machine-Learning-Algorithmen, die in der Lage sind, Soll-Ist-Abweichungen zu identifizieren und in den gesammelten Daten zu bestimmen, welche Variablen diese erklären.
Ein Beispiel: Ein Spediteur liefert Möbel im B2C-Bereich aus. Für den Algorithmus wurde eine Lieferzeit von durchschnittlich 10 Minuten pro ausgelieferter Adresse definiert. In der Praxis weist dieser Indikator allerdings erhebliche Abweichungen auf, da die Zeit, die ein Zusteller an den verschiedenen Adressen verbringt, zwischen 5 und 20 Minuten variiert. Mit der Zeit und durch das „Sondieren“ der gesammelten Daten sind Machine-Learning-Algorithmen in der Lage, bestimmte Variablen zu identifizieren. Dazu gehören die Größe und das Gewicht von Sendungen, das Vorhandensein eines Aufzugs, die Verfügbarkeit des Haustürcodes, die erforderliche Anwesenheit von einem oder zwei Zustellern, das Stockwerk der Lieferung, die geografische Zone der Adresse etc.
Die Algorithmen lernen aus diesen Daten und verbessern ihre zukünftigen Vorhersagen, indem sie die Lieferzeit an die erfassten Merkmale anpassen, anstatt unabhängig vom Kontext von 10 Minuten auszugehen.
Nahezu unbegrenzte Möglichkeiten zur Modellierung von Einschränkungen
Die meisten Tools arbeiten standardmäßig mit den klassischen Einschränkungen der Logistikbranche, wie Arbeitszeiten, Lieferzeitfenster oder Fahrzeugkapazitäten. Ihr Algorithmus kann alle Fälle lösen, die in diesen präzise definierten Rahmen fallen.
In der Praxis und insbesondere bei großen Unternehmen gehen die realen Bedingungen jedoch weit über diesen Rahmen hinaus. Die erfassten Besonderheiten und Ziele sind in der Regel zu allgemein gefasst und können nicht präzise genug auf die Bedürfnisse der Nutzer eingehen. Einige Beispiele:
- An bestimmten Standorten dürfen sich nur X Fahrzeuge gleichzeitig aufhalten
- Bestimmte Kunden haben gegenüber anderen Vorrang
- Bestimmte Anbieter haben gegenüber anderen Vorrang
- Es gibt kein bestimmtes Lieferzeitfenster, aber ab dem Zeitpunkt, an dem die Ware abgeholt wird, muss sie innerhalb 1 Stunde Zeit ausgeliefert werden
Die Konfigurationsmöglichkeiten sind unendlich. Oft sieht sich der Nutzer jedoch gezwungen, seine bestehende Arbeitsweise zu verändern, um sich an die begrenzten Modellierungsfähigkeiten der Software anzupassen. Dieser Rahmen kann kaum geändert werden, da der Optimierungsalgorithmus darauf ausgelegt ist, ausschließlich die darin definierten Probleme zu lösen. Und so ist für eine Änderung des Rahmens auch die Modifikation des Algorithmus selbst erforderlich.
Bei Kardinal haben wir daher beschlossen, einen Algorithmus zu entwickeln, der alle denkbaren Probleme der Tourenoptimierung lösen kann: einen sogenannten „Solver“. Solange die zu behandelnde Problematik einer Tourenoptimierung entspricht, ist es egal, welche Einschränkungen bestehen: Die Planung wird durch einen einzigen extrem leistungsfähigen Algorithmus durchgeführt. So können wir innerhalb weniger Tage sämtliche neuen Einschränkungen, denen wir bei unseren Kunden begegnen, in den Standard integrieren, ohne die Leistung des Algorithmus zu mindern.
Schlussfolgerung
Auch wenn es beim Management der letzten Meile im Großen und Ganzen immer darum geht, Güter oder Personen zu einem Zielort zu transportieren, sind die praktischen Modalitäten dieses Transports äußerst vielfältig. Tatsächlich sind wir in der Praxis noch nie auf zwei völlig identische logistische Zusammenhänge gestoßen.
Die Schwierigkeit für uns Softwarehersteller besteht darin, allen Kunden einen Standardansatz zur Verfügung zu stellen, der denselben Code verwendet. Gleichzeitig müssen wir eine Umgebung anbieten, die umfassend an den jeweiligen Kontext angepasst ist und jederzeit relevant bleibt.
Die „Always On“-Optimierung und der Einsatz von Machine Learning sind Beispiele für die starken und ehrgeizigen Konzepte, die wir bei Kardinal umsetzen, um performante Lösungen für diese Herausforderungen bereitzustellen.
Der Autor
Cédric Hervet ist der Chief Product Officer Leiter des von ihm im Jahr 2015 mitbegründeten Tech-Startups Kardinal, das sich der Transport- und Logistikbranche verschrieben hat. Als Doktor der Mathematik erforscht und entwickelt er seit über 10 Jahren Systeme der Künstlichen Intelligenz für industrielle Anwendungen in den Bereichen Telekommunikation, digitales Marketing und Transport.