Das maschinelle Lernen ist ein Teilbereich der künstlichen Intelligenz. Es ermöglicht Algorithmen, aus einem Datensatz zu lernen und ihre Fähigkeit zur Problemlösung ohne direkte Programmierung weiter zu verbessern.
In der Lernphase wird ein mathematisches Datenmodell entworfen und auf die zu verarbeitenden Daten angewendet. Die Stärke des Machine Learning liegt in seiner Fähigkeit, kontinuierlich aus neu hinzukommenden Daten „dazuzulernen“, wodurch die mit solchen Technologien entwickelten Systeme im Laufe der Zeit immer leistungsfähiger werden.
Tatsächlich sind die Daten der zentrale Punkt beim maschinellen Lernen: Es liegt in der Natur der Sache, dass die Leistung von Machine-Learning-Systemen in erster Linie von der Menge und Qualität der verfügbaren Daten abhängt. Aus diesem Grund taucht in diesem Zusammenhang oft der Begriff „Big Data“ auf, um große Datenmengen zu speichern und zugänglich zu machen.
Im Fall der Supply Chain werden Machine Learning nutzende Technologien immer beliebter und ermöglichen schon heute die Lösung von Problemen bei der Nachfrageprognose, der Bestandsverwaltung, der Fortbewegung von Robotern in Lagerhäusern oder der vorausschauenden Wartung von Maschinen (über das IoT).
Bei Kardinal setzen wir Machine Learning in unserer Tourenoptimierungstechnologie ein, um 1) unsere Vorhersagen anhand der vor Ort gesammelten Daten zu verfeinern und 2) auftretende Probleme zu erkennen und deren Folgen abzuschätzen.
Zuverlässigere und leistungsstärkere Touren durch Machine Learning
Die Tourenoptimierungslösung von Kardinal berechnet alle Touren kontinuierlich in Echtzeit, um sie immer wieder aufs Neue an die unterwegs auftretenden Unwägbarkeiten anzupassen. Sämtliche Daten werden gesammelt und den sogenannten unabhängigen Variablen gegenübergestellt, um Vorhersagemodelle für die gewünschten Informationen zu erstellen. Im Laufe der Zeit ermöglicht es die Anhäufung von Daten, immer genauere Modelle zu erstellen, die nächsten Tourenberechnungen entsprechend anzupassen und die Touren immer zuverlässiger zu gestalten.
#Beispiel 1: Ein Spediteur liefert Pakete im B2B- und B2C-Bereich aus, die Lieferzeiten gestalten sich je nach Lieferpunkt sehr unterschiedlich:
- Über die mobile App der Fahrer erfasst das System von Kardinal sämtliche Fahrtzeiten sowie die Ankunfts- und Abfahrtszeiten an jedem Punkt.
- In einem zweiten Schritt werden diese Daten mit Variablen verglichen, die sich auf die vorherzusagenden Variablen (hier die an jedem Punkt verbrachte Zeit) auswirken können: Zu diesen Variablen gehören z. B. die Paketgröße, das Gewicht, die zu beliefernde Etage, das Gebiet, in dem sich die Lieferadresse befindet, die Kundenkategorie und sogar der Kunde selbst, wenn es sich um einen wiederkehrenden Kunden handelt.
- Die Machine-Learning-Algorithmen identifizieren automatisch Muster und erstellen daraus ein Vorhersagemodell für die „Lieferdauer“.
- Auf diese Weise können die Algorithmen die voraussichtliche „Lieferdauer“ voraussagen und bei kommenden Tourenoptimierungen eine angemessene Dauer für jeden Punkt festlegen (anstatt auf alle Punkte einen identischen Durchschnittswert anzuwenden, wie es bei Standardlösungen der Fall ist).
#Beispiel 2: Ein auf Schüttgut spezialisierter Spediteur muss Wartezeiten am Be- und Entladeort berücksichtigen:
- Ähnlich wie im vorherigen Anwendungsfall sammelt das System über die App der Fahrer Informationen zu den Lade-, Entlade- und Wartezeiten an den verschiedenen Punkten.
- Diese Informationen werden mit prädiktiven Variablen abgeglichen, z. B.: abzuholendes Volumen, abzuladendes Volumen, Durchfahrtszeiten am Standort, Art des Standorts, der Standort selbst.
- Aus diesen Daten können die Algorithmen Muster ableiten und beispielsweise abschätzen, dass am Standort X die Wartezeit für das Beladen n-mal länger ist, wenn die Durchfahrt beispielsweise montags zu einer bestimmten Uhrzeit erfolgt.
- Bei künftigen Tourenoptimierungen berücksichtigen die Algorithmen diese Muster und können z. B. lange Wartezeiten vor Ort vermeiden.
Lösung zur kontinuierlichen Tourenoptimierung
Machine Learning zur Erkennung von Problemen im laufenden Einsatz
Eine weitere Möglichkeit, diese Lernmodelle zu nutzen, ist die statistische Identifizierung von „Ausreißern“: Diese werden erkannt, wenn große Abweichungen zwischen den vom Algorithmus vorhergesagten Daten und der Realität auftreten.
Beim Transport von Massengütern kann so zum Beispiel ein Entladeort erkannt werden, an dem die Lkws regelmäßig unverhältnismäßig lange für eine Lieferung benötigen. Derartige Informationen sind den Fahrern zwar in der Regel schon aus ihrer Erfahrung vor Ort bekannt, jedoch sind sie oft nicht in der Lage:
- diese Informationen mit Zahlen zu belegen (wie viel Zeit wird zusätzlich aufgebracht? Wie oft kommt dies vor?)
- die Folgen abzuschätzen: Wie hoch ist der Zeitverlust (und damit Produktivitätsverlust für die Tour)? Welche Auswirkungen hat die Verzögerung auf die Servicequalität beim nächsten Kunden? Etc.
Diese Informationen werden gespeichert und können ausgewertet werden, um bei Bedarf Gespräche mit den betroffenen Kunden einzuleiten. Zwar ermöglicht dieses System nicht, die Ursache der Probleme zu ermitteln (warum z. B. die Lieferung an einen bestimmten Kunden/ein bestimmtes Gebiet unverhältnismäßig lange dauert), es können jedoch im Einsatz auftretende Problempunkte identifiziert und mögliche Neustrukturierungen / betriebliche Anpassungen veranlasst werden.
Schlussfolgerung
Machine Learning befindet sich bereits seit mehreren Jahren auf dem Vormarsch und sollte nicht mit rein mathematischen Optimierungstechnologien verwechselt werden.
Tatsächlich ergänzen sich die beiden Ansätze jedoch insbesondere auf der letzten Meile hervorragend: Die Kombination aus einer indirekten Datenerfassung durch die Tourenoptimierung und der Auswertung durch maschinelles Lernen ermöglicht eine kontinuierliche Verbesserung des gesamten Systems.
Sowohl durch die Verbesserung der Optimierung selbst als auch durch die Beleuchtung von Problemen, die in den Daten nur schwer zu erkennen sind, ermöglicht Machine Learning den Nutzern von Kardinal, sich an grundlegende Veränderungen in ihrem Betrieb anzupassen. So entsteht eine leistungsfähige Lösung, die noch über die fortlaufende Reaktionsfähigkeit der Tourenoptimierung hinausgeht.